Die faire Verteilung von Sorgearbeit
muss erklärtes politisches Ziel werden
Pressemitteilung
Berlin, 01.03.2022. Vor dem Hintergrund von Equal Care Day, Equal Pay Day und Internationalem Frauentag veröffentlicht das Bündnis Sorgearbeit fair teilen, dem der SkF Gesamtverein e.V. angehört, seine Bewertung des Koalitionsvertrags.
Trotz begrüßungswerter Vorhaben der Koalition sieht das zivilgesellschaftliche Bündnis Defizite und fordert von der Bundesregierung umfassendere Maßnahmen zur Schließung der Sorgelücke.
Frauen leisten noch immer täglich durchschnittlich 1,5 Stunden mehr Sorgearbeit als Männer. In der Pandemie hat die Belastung von Frauen noch einmal zugenommen
.Von echter Chancengleichheit kann also keine Rede sein. Der Schlüssel zu einer geschlechtergerechten Zukunft liegt in der fairen Verteilung von Sorge-, Haus- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern.
„Wir begrüßen das Bestreben der Koalition, in diesem Jahrzehnt die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Schließung der Sorgelücke zentrales politisches Ziel wird.“
Der Koalitionsvertrag macht mit der Einführung einer Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten, der zehntägigen bezahlten Freistellung rund um die Geburt für Väter und zweite Elternteile sowie der öffentlichen Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen aus Sicht des Bündnisses gleichstellungs- und familienpolitisch einen erkennbaren Schritt nach vorne, lässt aber einen umfassenden und konsistenten gleichstellungspolitischen Wurf vermissen.
Es fehlt ein Maßnahmenkatalog ohne Zielkonflikte, der Frauen und Männer gleichermaßen adressiert und ihnen ermöglicht, ein existenzsicherndes Einkommen zu erwirtschaften und gleichzeitig ihrer Sorgeverantwortung nachkommen zu können.
Besonders problematisch ist die vorgesehene Erhöhung der Mini- und Midijob-Grenzen auf 520 bzw. 1.600 Euro. Zwei Drittel der Minijober:innen sind Frauen. Die von der Koalition geplante Anhebung der Einkommensgrenzen führt zu einer Ausweitung dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse, die dem Ziel der kurz- wie langfristigen eigenständigen Existenzsicherung von Frauen eklatant zuwiderläuft.
Nachbesserungsbedarf sieht das Bündnis u. a. auch beim Steuerrecht. Zwar ist die geplante Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV ein erster Schritt; dieser bleibt jedoch unzureichend. Notwendig ist die Einführung einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag, um die existenzsichernde Erwerbstätigkeit von Frauen in einer Ehe zu fördern.
Die ausführliche Bewertung und die Forderungen der Bündnismitglieder an die Koalition sind hier verfügbar.
Das Bündnis
Das im Sommer 2020 gegründete zivilgesellschaftliche Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 13 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen. Weitere Informationen sind unter www.sorgearbeit-fair-teilen.de zu finden.
Dem Bündnis gehören an:
• Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbeauftragter
• Bundesforum Männer e.V.
• Business and Professional Women Germany e.V.
• Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.
• Deutscher Beamtenbund und Tarifunion – Bundesfrauenvertretung
• Deutscher Frauenrat e.V.
• Deutscher Gewerkschaftsbund
• Deutscher Hauswirtschaftsrat e. V.
• Frauenwerk der Nordkirche
• Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V.
• Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
• WIR! Stiftung pflegender Angehöriger
• Zukunftsforum Familie e.V.
Veröffentlicht in Aktuelles / Presse