• skf kopf tittelbach 1000 226B
  • skf kopf Waldschuetz 1000 226
  • skf kopf klink 1000 226
  • skf kopf beller 1000 226
  • skf kopf Braun 1000 226
  • skf kopf Weis Jodam 1000 226
  • skf kopf Isufaj 1000 226
  • skf kopf schuh 1000 226
  • skf kopf schaeffer 1000 226
  • skf kopf godau 1000 226
  • skf kopf Rupp 1000 226
  • skf kopf Wietze 1000 226B
  • skf kopf duex 972 226
  • skf kopf Kassebeer 1000 226B
  • skf kopf Mueller 1000 226
  • skf kopf Festl 1000 226
  • skf kopf Regnery 1000 226B
  • skf kopf Lommatsch 1000 226C
  • skf kopf Abdulrafiu 1000 226
  • skf kopf Plappert 1000 226
  • skf kopf laux 1000 226B


 


 

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Keine Kassenzulassung für den pränatalen Bluttest

Pressemitteilung

Freiburg/ Dortmund/ Berlin, 17. Januar 2019. Der Deutsche Caritasverband (DCV), der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Bundesverband Caritas Behinderten- hilfe und Psychiatrie (CBP) positionieren sich gegen die Zulassung nichtinvasiver Pränataltests (NIPT) als Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

 DCV, SkF und CBP fordern den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und die Abgeord- neten des Deutschen Bundestages in einer gemeinsamen Stellungnahme dazu auf, sich gegen die Zulassung von nichtinvasiven Pränataltests als Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung einzusetzen.

Die nichtinvasiven Pränataltests, über deren Zulassung als Kassenleistung in diesem Jahr entschieden werden soll, können genetische Auffälligkeiten, wie Trisomie 21, beim Embryo in einer frühen Phase der Schwangerschaft erkennen. Hinweise auf Trisomie 21 mit präna- taldiagnostischen Methoden führen in vielen Fällen zum Abbruch der Schwangerschaft, die Information über die Behinderung des Kindes in der Schwangerschaft ist eine schwere Be- lastung für die werdenden Eltern. In der Stellungnahme sprechen sich die Verbände ent- schieden für eine verbesserte Verzahnung von ärztlicher und unabhängiger, psychosozialer Beratung und das Lebensrecht aller Menschen aus. Maßstab politischen Handelns müsse auch in dieser Frage die 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN-Behindertenrechts-

konvention sein, so die Verbände. „Wenn sich der Wert eines Menschen danach bemisst, ob er nach gängigen Vorstellungen gesund ist, dann führt dies dazu, Menschen in lebenswert und nicht lebenswert einzuteilen. Diese Entwicklung gilt es zu verhindern“, betont Caritas- Präsident Peter Neher.

Einem flächendeckenden Screening als Kassenleistung treten die Verbände mit Nachdruck entgegen. „Viele Menschen mit Behinderung empfinden die Aufnahme der Bluttests in die kassenärztlichen Leistungen als Hinweis darauf, dass sie in unserer Gesellschaft zuneh- mend nicht mehr erwünscht sind“, erläutert Johannes Magin, 1. Vorsitzender des CBP. Die Bundesvorsitzende des SkF Anke Klaus ergänzt: „Unsere Erfahrungen zeigen, dass der Druck auf werdende Eltern von Ärzten, Lebensumfeld, aber auch den Krankenkassen wächst, alle diagnostischen Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, um die Geburt eines Kin- des mit bestimmten genetischen Auffälligkeiten auf jeden Fall zu verhindern.“

 

Gemeinsame Stellungnahme

Zur geplanten Zulassung der nichtinvasiven Pränataltests als

Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung

Berlin, den 17. Januar 2019

Bundesverband Caritas Behindertenhilfe                      Sozialdienst katholischer und Psychiatrie e. V.                                                                                    Frauen Gesamtverein e. V.

Reinhardtstr. 13, 10117 Berlin                                         Agnes-Neuhaus-Straße 5, 44135 Dortmund

Tel. 030-284447-822, Fax 030 – 284447-828                     Tel. 0231-557026-22, Fax 0231-557026-60

cbp@caritas.de www.cbp.caritas.de                            info@skf-zentrale.de www.skf-zentrale.de

Deutscher Caritasverband e. V. Karlstraße 40, 79104 Freiburg Tel. 0761-200-0

info@caritas.de - www.caritas.de

In der aktuellen Diskussion um die Einführung „nichtinvasiver Pränataltest“ (NIPT) als Regel- leistung der gesetzlichen Krankenversicherung positionieren sich die oben genannten Ver- bände gegen die Zulassung der nichtinvasiven Pränataltests als Regelleistung der gesetzli- chen Krankenversicherung, für eine verbesserte Verzahnung von ärztlicher und unabhängi- ger, psychosozialer Beratung und für die Durchsetzung eines Verständnisses von Behinde- rung gemäß der 2009 in Deutschland in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir wissen aus unseren verschiedenen Praxisfeldern um die schwerwiegenden Entschei- dungssituationen schwangerer Frauen bzw. werdender Eltern, denen wir mit großem Res- pekt begegnen. Mit unseren Diensten und Einrichtungen unterstützen wir sie in ihrer konkre- ten Entscheidung und Lebenswirklichkeit. Diese Stellungnahme konzentriert sich auf eine gesellschaftliche und ethische Einordnung der NIPT als Regelleistung in der Schwangeren- vorsorge.

  1. I. Ausgangssituation

Die Krankenversicherung hat nach Paragraph 1 im 5. Sozialgesetzbuch als Solidargemein- schaft die Aufgabe, die Gesundheit von Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf eine ausreichende, bedarfsgerechte und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung. Zur Sicherung dieser Versorgung beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Richtlinien über die Ge- währung von Leistungen und Maßnahmen als Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Die Beschlussfassung erfolgt unter Berücksichtigung der medizinischen Notwendigkeit, des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der Wirtschaftlichkeit. Wenn die Kriterien nach Einschätzung des G-BA nicht erfüllt sind, kann er die Erbringung oder Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen. Leistungen, die infolge einer negativen Entscheidung des G-BA nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken- versicherung aufgenommen werden oder deren Nutzenbewertung durch den G-BA noch aussteht, werden Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) genannt und sind von den Pati- entinnen und Patienten zu bezahlen.

Im August 2012 erfolgte die Markteinführung des sogenannten „Praenatests“ der Firma Life- Codexx AG. Der Praenatest ist der erste nichtinvasive pränatale Test (NIPT) zur fetalen Be- stimmung der Trisomien 13, 18 und 21. Der G-BA hat im August 2016 das Methodenbewer- tungsverfahren zur Einführung der NIPT auf die Trisomien 13, 18 und 21 in die reguläre Schwangerenversorgung eingeleitet. In dem Verfahren wird derzeit untersucht, ob die nicht- invasiven Tests für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der

 

Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Stands der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Weiter wird geprüft, ob die Kosten dieser genetischen Blut- tests zukünftig von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden sollen, wie

es bei anderen Untersuchungen, z. B. bei der invasiven Chorionzottenbiopsie (Plazentapunk- tion) und Amniozentese (Punktion der Fruchtblase), bereits der Fall ist. Der G-BA hat am

16.02.2017 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Bewertung der NIPT beauftragt. Das Institut hat zu gewährleisten, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzba- sierten Medizin und die ökonomische Bewertung nach den hierfür maßgeblichen internatio- nal anerkannten Standards, insbesondere der Gesundheitsökonomie, erfolgt.1 Das Institut kommt zu dem Ergebnis, dass Trisomie 21 mit Hilfe der NIPT mit über 99 Prozent ähnlich sensitiv und spezifisch wie mittels der invasiven Methoden festgestellt werden könne. Eine Entscheidung über die Aufnahme der NIPT in den Leistungskatalog der GKV wird 2019 er- wartet.

Der Praenatest löste seit seiner Markteinführung in Fachkreisen zum Teil heftige kontroverse Diskussionen aus. Eine größere gesellschaftliche Debatte über die nichtinvasiven Tests und deren Folgen fand aber bisher nicht statt. Die Ergebnisse des Abschlussberichts des IQWiG und die bevorstehende Entscheidung über eine Kassenzulassung haben jetzt eine Diskussi- on über die NIPT angestoßen. Aus unserer Sicht ist diese Debatte überfällig. Bereits in frühe- ren Positionierungen haben wir uns zum NIPT geäußert.2

Am 12. Oktober 2018 wurde ein interfraktionelles Positionspapier „Vorgeburtliche Bluttests – wie weit wollen wir gehen?“ vorgestellt.3 In diesem Positionspapier warnen mehr als 100 Ab- geordnete des Deutschen Bundestags vor den möglichen Folgen einer Kostenübernahme der NIPT und weisen auf die möglichen gesellschaftlichen Entwicklungen hin, die eine zu- nehmende Inanspruchnahme des NIPT nach sich ziehen könnte. Die Positionierung der Ab- geordneten begrüßen wir. Sie hat nicht nur die Tragweite der ausstehenden Entscheidung durch den G-BA deutlich gemacht, sondern die Debatte für eine größere Öffentlichkeit geöff- net.

  1. II. Zu Grunde liegender ethischer Konflikt

Die Frage der Aufnahme des Bluttestes in die Regelleistungen berührt grundlegende ethi-

1 SGB V, § 139a, Nr. 4

2 Siehe z.B. die Pressemeldung von DCV, SkF u. CBP zur „Woche für das Leben“. Klares Nein zum

Blutest, vom 14.4.2018, siehe http://www.cbp.caritas.de/53605.asp?id=48214&page=1&area=efvkelg

3 Siehe: https://www.corinna-rueffer.de/wp- content/uploads/2018/10/181012_Interfraktionelles_Positionspapier_NIPD.pdf (zuletzt abgerufen

10.01.2019)

sche Fragen. Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK), die 2009 von Deutschland ratifiziert worden ist, verpflichtet die Staaten, wirksame und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung abzubauen und gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Teilhabechancen für ein Leben mit Behinde- rung zu schaffen. Seither hat die UN-BRK durchaus zu einer Verbesserung der gesellschaft- lichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung und zu neuen teilhabepolitischen Anstren- gungen geführt.

Auch der medizinische und medizintechnische Fortschritt hat in den letzten Jahren unzwei- felhaft zu einer Verbesserung von Therapiemöglichkeiten und Lebensperspektiven von Men- schen mit Behinderung geführt.

NIPT ist ein frühes medizinisches Diagnoseverfahren, das nicht zu therapeutischen Maß- nahmen führt. Die beabsichtigte Einführung des NIPT als Regelleistung unterläuft aus unse- rer Sicht die Grundsätze der UN-BRK. Unter anderem sehen wir die drohende Gefahr eines generellen Screenings auf eine Vielfalt von genetischen Abweichungen und Eigenschaften. Ohne die Bindung des NIPT an eine Indikation, würde aus einem auf Ausnahmefälle be- schränkten Verfahren ein regulärer Bestandteil der Schwangerenvorsorge.

Mit der prägnanten Aussage „einfach, aber gefährlich“ hat der Medizinethiker Prof. Dr. Giovanni Maio die Problematik des NIPT bereits 2013 auf den Punkt gebracht.4 Der Test ist an sich medizinisch unbedenklich. Allerdings muss festgehalten werden, dass auch dieser, wie andere diagnostische Verfahren, weder eine Aussage über den „Schweregrad“ der Krankheit/ Behinderung macht, noch eine Beziehung zu therapeutischen Maßnahmen her- stellen kann. Die Debatte wird durch den Eindruck geprägt, der Test bringe Eindeutigkeit und Gewissheit. Dieses Versprechen kann nicht eingehalten werden, auch da andere mögliche Krankheiten über den NIPT nicht festgestellt werden können. Der Berufsverband niederge- lassener Pränatalmediziner fordert deshalb, dass die Anwendung indikationsbezogen und

nur im Zusammenhang mit einer qualitätsgesicherten Ultraschalluntersuchung erfolgen soll- te. Ein auffälliger Befund des NIPT bedarf der Abklärung durch ein anerkanntes invasives Verfahren, um zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen.5

Weiter ist zu bedenken, dass die Anwendung des Tests und dessen Ergebnis für Frauen bzw. werdende Eltern mit erheblichen psychischen und physischen Belastungen einherge- hen.

Um werdende Eltern bereits vor der pränatalen Untersuchung in der Auseinandersetzung mit den möglichen Chancen und Konsequenzen der vorgeburtlichen Diagnostik zu unterstützen,

4 Maio, Giovanni: Einfach, aber gefährlich. In: Herder Korrespondenz. Heft 7/2013

5 https://www.bvnp.de/media/25-2018-11-07-positionspapier-nipt-aktuell-11-2018-pdf/

obliegt es den Ärzten und Ärztinnen sie auf das Angebot der psychosozialen Beratung hin- zuweisen. § 2a Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) regelt die ärztlichen Beratungs- pflichten im Umfeld vorgeburtlicher Diagnostik. Ärztinnen und Ärzte sind seit 2010 verpflich- tet, ihre Patientinnen bei der Information über den Befund pränataldiagnostischer Maßnah- men in verständlicher Form zu beraten, auf die Möglichkeit einer vertiefenden psychosozia- len Beratung hinzuweisen und bei Bedarf und im Einvernehmen mit der Patientin den Weg in eine Schwangerschaftsberatungsstelle zu ebnen. Diese bietet im Rahmen des § 2 SchKG eine umfassende Beratung vor, während und nach Inanspruchnahme von pränataler Diag- nostik an. Das psychosoziale Beratungsangebot der Schwangerschaftsberatungsstellen be- gleitet Frauen und Paare in ihren Entscheidungsprozessen über die ärztliche Beratung hin- aus und unterstützt dadurch die Entscheidungsfindung. Die Inanspruchnahme des Bera- tungsangebots basiert auf Freiwilligkeit. Wir sprechen uns ausdrücklich gegen die Einführung einer gesetzlich geregelten Pflichtberatung im Kontext des NIPT aus. Gleichwohl ist zu über- denken, wie die Verschränkung von ärztlicher und psychosozialer Beratung zukünftig besser gelingen kann. Die Verzahnung der Beratung und Unterstützung der werdenden Eltern zwi- schen Ärztinnen und Ärzten, Schwangerschaftsberatungsstellen, Behindertenhilfe und Selbsthilfegruppen ist bereits in § 2a SchKG vorgesehen. Hier ist eine Verbesserung und Stärkung der Vernetzungsstrukturen indiziert.

Eine Ausweitung der genetischen Frühdiagnostik, vor allem im Bereich der Früherkennung von Behinderung, sollte Anlass sein, die gesellschaftliche Haltung und den gesellschaftlichen Umgang mit Behinderung zu hinterfragen.

Die Problematik für die Frau bzw. die werdenden Eltern liegt bei der NIPT in der Abwägung ihres Selbstbestimmungsrechtes und des Lebensrechts des Kindes. Der Konflikt wird ver- stärkt durch einen zunehmenden sozialen Druck, der von der „Vermeidbarkeit“ von Kindern mit Behinderung ausgeht. Die Einführung des NIPT als Regelleistung wird diesen sozialen Druck weiter verschärfen.

  1. IV. Weiterführende notwendige Diskussionspunkte

Am Beispiel des Verfahrens zur Einführung des NIPT als Regelleistung werden weitere As- pekte deutlich, die für das System von Medizin- und Daseinsvorsorge relevant sind und an anderer Stelle intensiv diskutiert werden müssen. Ein Problem der aktuellen Debatte um die Einführung des NIPT ist auch, dass die gesellschaftlichen Prozesse der Meinungsbildung bei der Einführung ethisch sehr sensibler Verfahren oder medizinischer Anwendungen unzu- reichend sind. Bereits bei den ersten Verfahren zur Einführung des Praenatests der Firma LifeCodexx hätte es eine breite fachpolitische Debatte gebraucht. Grundsätzlich bedarf es überprüfbarer Kriterien für die Anwendung von Regelleistungen zur Klärung der Frage, mit

welchem Ziel/Zweck die jeweilige Methode angewendet wird.

Die IMEW-Studie von 2018 „Partizipation in technisch-gesellschaftlichen Innovationsprozes- sen mit fragmentierter Verantwortung am Beispiel der nichtinvasiven Pränataldiagnostik“6 hat versucht, „ein differenziertes Bild von den Möglichkeiten zivilgesellschaftlicher Beteiligung

und Einflussnahme bei der Gestaltung der nichtinvasiven Pränataltests, auch nichtinvasive Pränataldiagnostik (NIPD) genannt, zu entwerfen. Gleichzeitig wird in der Studie ausgelotet, auf welche Weise die am Governance-Prozess Beteiligten ihre Verantwortung ausüben und den Diskussionsprozess steuern.“7 In der Studie wird auch die frühe Verbindung von For- schungsinteressen und politischen Interessen bei der Markteinführung des Praenatests auf der Ebene des zuständigen Bundesministeriums für Bildung und Forschung dargelegt: „Be- merkenswert ist, dass sich die öffentliche Diskussion und zivilgesellschaftliche Interventionen erst entzündeten, als LifeCodexx mit der geplanten Markteinführung an die Öffentlichkeit

ging. Dass der Test mit Fördergeldern der EU, des Bundesforschungsministeriums (BMBF) und anderen öffentlichen Mitteln entwickelt worden war, war den Akteur_innen verborgen geblieben und wurde erst im Nachhinein erhellt. Allein die Firma LifeCodexx hat ab 2009 rund 300.000 Euro aus öffentlichen Mitteln erhalten. Schon vor der Markteinführung waren

also Tatsachen geschaffen worden, ohne dass sich die Gesellschaft darüber hätte verständi- gen können, ob sie die NIPD überhaupt auf dem Markt sehen will.“8 Das zeigt, wie wichtig es ist, alle betroffenen Zielgruppen frühzeitig in Diskussionen über solche Forschungen und Entwicklungen einzubinden. Die Firma LifeCodexx hat ohne Beteiligung der Betroffenen –

vor allem der Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen – Entwicklungen in

Gang gesetzt, die jetzt Fakten schaffen.

Die fortschreitenden medizinisch-technischen Entwicklungen in der Pränatal- und Gendiag- nostik sind nicht nur auf der individuellen Ebene der einzelnen Frau/ der werdenden Eltern zu betrachten. Wir brauchen dringend einen gesellschaftlichen Diskurs zum Umgang mit Krank- heit und Behinderung, sowie zur Frage, wo die Grenzen des medizinisch Machbaren zum Wohl eines menschenwürdigen Zusammenlebens gesetzt werden müssen.

Mit der Ablehnung der Einführung als gesetzliche Krankenkassenleistung ist verbunden, hin- zunehmen, dass sie als Privatleistung nicht gleichermaßen allen Versicherten zur Verfügung steht und damit ärmere oder schlechter situierte Frauen und werdende Eltern benachteiligt werden können. Ihnen stünden weiterhin nur die invasiven Testmethoden zur Verfügung, die ein höheres medizinisches Risiko beinhalten. Die Benachteiligung einkommensschwacher

Menschen durch Privatleistungen und durch die Notwendigkeit von Zuzahlungen im deut-

6 Siehe die Studie unter: https://www.imew.de/fileadmin/Dokumente/Volltexte/Tagungen_2018/IMEW - Projekt-NIPD-Kurzfassung   2018.pdf (letzter Zugriff am 3.12.2018)

7 Ebd. S. 1.

8 Ebd. S. 10.

schen medizinischen System ist eine Problematik, die der Deutsche Caritasverband und sei- ne Mitgliedsverbände wiederholt aufgegriffen hat (bekanntestes Beispiel ist dabei wohl die

„Brillenpetition“9). Diese Grundsatzfrage ist nicht allein an dieser Stelle aufzulösen und kann

nicht als Argument gebraucht werden, um die Kassenzulassung für eine Leistung zu begrün- den, die aus unserer Sicht ethisch und gesellschaftlich die oben dargestellten erheblichen Probleme mit sich bringt. In der Abwägung bewerten wir das Risiko, durch flächendeckende Screenings Tendenzen der Selektion zu befördern, als so schwerwiegend, dass eine Zulas- sung als Regelleistung aus unserer Sicht nicht zu vertreten ist.

Wir fordern den Gemeinsamen Bundesausschuss und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf, sich gegen die Zulassung des NIPT als Regelleistung der gesetzli- chen Krankenversicherung zu entscheiden und einzusetzen.

Freiburg/ Dortmund/ Berlin den 17.01.2019

Dr. Thorsten Hinz, CBP Geschäftsführer

Kontakt: thorsten.hinz@caritas.de

Renate Jachmann-Willmer, SkF Bundesgeschäftsführerin

Kontakt: jachmann-willmer@skf-zentrale.de

Renate Walter-Hamann, DCV

Leiterin der Abteilung Soziales und Gesundheit

Kontakt: renate.walter-hamann@caritas.de

 

Der SkF unterstützt mit rund 10.000 Mitgliedern und 9.000 Ehrenamtlichen sowie 6.500 beruflichen Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern in bundesweit 143 Ortsvereinen Frauen, Kinder, Jugendliche und Familien, die in ihrer aktuellen Lebenssituation auf Beratung oder Hilfe angewiesen sind. Sein Angebot umfasst u. a. 120 Schwangerschaftsberatungsstellen, 91 Betreuungsverei- ne, 38 Frauenhäuser, 40 Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, 36 Kindertageseinrichtungen, 34 Mutter-Kind-Einrichtungen, 31

Dienste der Kindertagespflege sowie 22 Adoptions- und 35 Pflegekinderdienste. Der SkF ist Mitglied im Deutschen Caritasver- band.

Nadine Mersch, Stabsstelle Sozialpolitik und Öffentlichkeitsarbeit

Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V. Agnes-Neuhaus-Str. 5, 44135 Dortmund,

Tel. 0231 557026-25, Fax 0231 557026-60, E-Mail: mersch@skf-zentrale.de